Dieser Kommentar ist zuerst erschienen im "Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben."
Welcher Bullenmäster hätte das für möglich gehalten? Erzeugerpreise von fast 7 €/kg Schlachtgewicht für konventionelle Tiere – im Sommer. Der Markt kennt seit Monaten nur eine Richtung: aufwärts! Denn die Großviehbestände sinken in Deutschland, aber auch in der EU und weltweit. Politische Unsicherheiten und hohe Auflagen zwingen Landwirte zum Aufhören. Das Seuchengeschehen, allen voran die Blauzungenkrankheit, dezimiert die Bestände zusätzlich. Gleichzeitig bleibt Rindfleisch gefragt, vor allem bei Gutverdienern. Insgesamt sind die Aussichten auf den ersten Blick daher gut.
Also „Goldene Zeiten“ für Rindermäster? Weit gefehlt. Trotz des extrem hohen Preisniveaus steht kaum ein Kran auf den Höfen. Bei den Bullenhaltern ist die Investitionsbereitschaft gleich null. Ein Neubau rechnet sich für sie fast nie.
Hohe Kälberkosten mindern Rentabilität
Doch das Hauptproblem liegt momentan im Einkauf. Die Kosten für Kälber sind enorm gestiegen. Trotz der Rekordpreise verdienen Rindfleischerzeuger aktuell weniger als zu Jahresbeginn: Anfang Januar lag die Direktkostenfreie Leistung bei NRW-Bullenmästern je Platz bei etwa 450 €, Anfang Juni ist sie auf 315 €/Platz gesunken.
Obwohl die Erzeugerpreise in den vergangenen sechs Monaten also um mehr als 1 €/kg Schlachtgewicht gestiegen sind, hat sich die Rentabilität verringert. Bedeutet: Die Wertschöpfung ist aus der Bullenmast in die teuren Kälber geflossen. Dabei sollte Mehrerlös zu Mehrgewinn führen!
Fresseraufzucht unter Kostendruck
Besonders hart trifft das Fresseraufzüchter, die feste Aufschläge auf den Einstallpreis der Tiere erhalten. Bei den rasant steigenden Preisen können einige Praktiker die neuen Kälber gerade so mit dem Erlös der verkauften Partien bezahlen. Laufende Kosten, unter anderem für Futter, Tierarzt oder Kapitaldienst, sind dabei nicht gedeckt. Unternehmensberater sorgen sich bereits um die Liquidität einiger Betriebe. Und Händler werden wohl kaum freiwillig die Preise für Kälber anpassen.
Also sollten die Landwirte selbst Druck machen. Es ergibt wenig Sinn, Kälber zu jedem Preis einzustallen. Das Interesse, den Stall voll zu haben, ist nicht nur aufseiten der Aufzüchter groß, sondern auch im Sinne der Händler. Denn die Bullenmäster verkaufen ihre Tiere nur, wenn sie neue Fresser zum Einstallen bekommen. Dieses Argument sollten Fresseraufzüchter nutzen. Bei den aktuellen Kälberpreisen fehlt jede Vernunft!
Bei den aktuellen Kälberpreisen fehlt jede Vernunft!"
Rindermarkt braucht nachhaltige Lösung
Es ist an der Zeit, diesen überhitzten Markt endlich abzukühlen. Bei der absurden Preistreiberei gewinnen weder Fresseraufzüchter noch Bullenmäster. Nachhaltig kann das nicht sein. Wie der Westfleisch-Chef berichtet, kaufen Verbraucher aktuell 10 bis 15 % weniger Rindfleisch im Lebensmitteleinzelhandel – preisbedingt.
Sollten Konsumenten vermehrt auf günstigeres Schweine- oder Geflügelfleisch umsteigen oder der Handel gar von seinem Versprechen zur deutschen Ware abspringen, würde das Dilemma seinen Lauf nehmen – und die aktuellen Rekordpreise helfen keinem hiesigen Rinderhalter.
Leserstimmen
"Das ist ganz normal Marktwirtschaft. Ich sehe keine Preistreiberei. Kälber wurden Jahr und Tag weit unter Erzeugungskosten abgegeben. Wenn wir uns ehrlich machen, Gewinn erzielen wollen. So das es auch attraktive für Nachfolger ist und wir für Mitarbeiter attraktive sein wollen brauchen alle in der Kette mehr Geld. Ja dann wir weniger Rindfleisch gegessen, und die Marktwirtschaft zieh weiter ihre Kreise. So ist das Leben. Kein Grund Preise künstlich zu senken, das hat eh noch nie funktioniert egal in welche Richtung." (Dieter Reifenhäuser)
"Es ist in diesen Bereich wohl nicht einfach, aber es ist mal so das wenn die Nachfrage steigt sich auch der Preis erhöht! Die Versorgung ist beim Rindfleisch nun mal unter 100% und wer Rindfleisch möchte der muss auch dann Tiefer in die Tasche greifen! In den sechziger Jahren hatte der Verbraucher der gearbeitet hat ca. 60 -70% seines Lohnes an Lebenserhaltungskosten aus gegeben heute nur noch 15% und dabei konnte sich noch jede Arbeitende Generation noch zusätzlich ein Eigenheim leisten! Kassiert wohl der Staat zu viel Steuern? und die Sozialausgaben Steigen mit überhöhter Zuwanderung ins unermessliche. Es ist jetzt an der Zeit das auch mal die Landwirtschaft Geld verdienen darf! Umso höher die Produktionskosten steigen desto höher muss der Preis je KG Rindfleisch liegen. Sollte dies nicht der Fall sein werden noch mehr Landwirte ihren Beruf an den Nagel hängen. Wer sich Fleisch nicht leisten kann, der muss halt dementsprechend mehr Arbeiten. Bei der Schweinfleischproduktion wird es bald ähnlich kommen wie in der Rinderhaltung." (Hermann Kamm)
"Angebot und Nachfrage regeln den Preis. Dass der jetzt gute Preis nicht zur Ausweitung der Produktion führt liegt einmal an zur Zeit herrschenden Krankheiten und den verunsicherten Landwirten und möglichen Hofnachfolgern durch das politische und gesellschaftliche Umfeld der Landwirtschaft. In den letzten Jahren wurde viel Vertrauen zerstört, dies wird nicht schnell wieder aufzubauen sein. Bürokratie erhöht die Erzeugungskosten!" (Wilfried Maser)
"Getrieben werden die Preise nicht durch die Landwirte, sondern durch politische ideologische Auflagen. Hauptsächlich Natur- und Tierschutzverbände, der Einzelhandel und die grüne Politik haben dafür gesorgt, daß massenweise Landwirte ihre Tierhaltung aufgegeben haben bzw. aufgeben mussten. Weniger Tiere = höhere Preise. Und wenn der nächste Preisabsturz kommt, stellen wieder Betriebe die Tierhaltung ein. Schwarzbunte Kälber für 400 Euro dürften nicht das Problem sein, sondern immer mehr Organisationen, die kontrollieren und audittieren, sich quasi immer mehr Menschen die Hände in der Preisspanne waschen. Kosten, Kosten, Kosten, und zu guter Letzt will der LEH ja auch noch seine Marge haben - und die darf keinesfalls kleiner, sondern muss größer ausfallen. Auch bei Stallbauten treiben die ganzen politischen Auflagen und Vorgaben die Kosten so hoch, daß sich Tierhaltung nicht mehr rechnen kann. Genau das war der Plan der Grünen: weg mit der Tierhaltung, hin zu veganer Ernährung. Aber auch das wird Probleme verursachen." (Markus Kühn)
"Der Verbraucher gibt heute im Monat mehr Geld für Netflix, SKY, Prime, sowie Handyvertrag und Handy, Internet als für Fleisch. Und verzichtet auch eher auf den Fleischgenuss, bevor er an dem Infotainment." (Rainer Kock)
"Vor einigen Jahren berichteten die Medien noch über das Problem von Billigkälbern. "Ein Kalb billiger als ein Kanarienvogel" hieß es in einem Beitrag der Zeitschrift Spiegel. Viehhändler zahlten für schwächere Holsteinkälber symbolische Preise von 5 Euro. Mir sind Fälle bekannt, dass Landwirte sogar dafür zahlen mussten, wenn Viehhändler ihre schwächeren Kälber mitgenommen haben. Heute sind Kälber knapp und erzielen deutlich höhere Preise. Im Durchschnitt 344 Euro für ein Holstein Bullenkalb. Das liegt auch an den Auswirkungen des Blauzungenvirus. Am Ende des Tages gibt es in der Wertschöpfungskette immer Gewinner und Verlierer. Wenn das Angebot sinkt und die Nachfrage steigt, steigen auch die Preise. Wenn die Preise steigen, wird das Angebot irgendwann wieder ausgeweitet und die Nachfrage geht zurück. Dann werden auch die Preise wieder zurückgenommen. Das ist Marktwirtschaft. Ich möchte aber nicht ausschließen, dass es aktuell auch Mitnahmeeffekte gibt." (Nikos Förster)
"Endlich profitiert auch mal der Erzeuger ob Milchviehhalter oder Mutterkuhhalter und nicht immer alle anderen..... Angebot und Nachfrage...So läuft das nunmal in einer Marktwirtschaft.... Eingriff von Aussen war schon immer schlecht.....Und auch die Erzeuger haben alle Federn gelassen bei der Blauzunge,da ist es nicht mehr als recht auch mal wieder etwas zurück zu bekommen." (Sven Von Glahn)
"Das stimmt, der überhitzte Markt muss sich abkühlen. Aber wo fangen wir an? War sagt, wie es weitergehen kann? Bei Fresserpreisen von 1.560 € netto bei 150 kg ist die Einstallung mehr als Roulette in der Hoffnung, dass ich in einem Jahr damit Geld verdiene! Dann können Bullenmäster nur hoffen, dass der Fresserpreis 2026 extrem rückwärtsgeht und für den Bullenmäster so noch etwas übrigbleibt. Das Hauptproblem ist die Verfügbarkeit von Lebendvieh. Die Rinderbestände nehmen weiter ab und damit fehlt es an Kälbern, Fressern aber auch Schlachtbullen." (LWK Niedersachsen)
Immer wohltuend und nachdenkenswert, was Alina Schmidtmann schreibt. Ihre nüchterne Faktenanalyse, dass mehr Fresser im Stall nicht ein Mehr an Verdienst bedeuten, sollte unsere Handlungsdevise als Mäster abbilden. Dann beruhigt sich der Markt von selbst wieder." (Ludger Hengelsberg)