topplus Großdemo Berlin 18.01.2025

Warum die "Wir haben es satt" Demo wieder auf die Straße geht

Seit 2011 finden in Berlin Demonstrationen des Bündnisses „Wir haben es satt“ statt. 2025 stehen auf der Agenda die Themen: Tierwohl, Mercosur, Gentechnik, Klimaschutz und das Höfesterben.

Lesezeit: 5 Minuten

Aktueller Hinweis zur Demo vom 13.01.2025

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V. (AbL) gab in einer Pressemittelung bekannt, dass die diesjährige „Wir haben es satt!“-Agrardemonstration am 18. Januar in Berlin ohne geplante Treckerbegleitung stattfinden wird.

Grund dafür ist der Ausbruch der hochansteckenden Maul- und Klauenseuche auf einem Betrieb in Brandenburg. Um einer Ausweitung über die Ländergrenzen hinaus entgegenzuwirken, haben sich die Verantwortlichen der Veranstaltung kurzfristig gegen eine Treckerbegleitung entschieden.

Gleichermaßen stehe diese Entscheidung als Zeichen der Solidarität für die betroffenen Betriebsleiter, die im gesamten Bundesgebiet um ihre Tierbestände besorgt sind.

„Gemeinwohl vor Konzerninteressen in der Agrarpolitik!“. Mit dieser Kernforderung ruft das Bündnis "Wir haben es satt" am 18. Januar in Berlin zur Trecker-Demo am Platz der Republik auf. Mercosur, mehr finanzielle Sicherheit für Landwirtinnen und Landwirte, langfristige Perspektiven für Junglandwirte, eine Stärkung der ökonomischen Stellung von Betrieben und mehr finanzielle Anreize für mehr Umweltschutz und Tierwohl sind nur einige der Forderungen des Bündnisses.

Rückblick "Wir haben es satt“ Demo

Im Jahr 2011 hat es die erste "Wir haben es satt Demo" am Berliner Hauptbahnhof gegeben. Sie brachte eine Teilnehmerzahl von20.000 Menschen zusammen. Bereits damals standen die Themen Gentechnik, Tierhaltung, der Agrarexport und die Unterstützung einer bäuerlichen und ökologischen Landwirtschaft in Vordergrund.

Seitdem demonstriert das Bündnis jährlich zum Auftakt der Grünen Woche in Berlin und organisiert diverse Austauschformate und Aktionen.

Im Vorfeld der Bundestagswahl in diesem Jahr fordern die Initiatoren 2025, dass sich Einiges in der Agrarpolitik ändern müsse. Es dürfe nicht zu einem Stillstand oder einer Verschlechterung kommen, heißt es in einer Pressekonferenz vor der Demo. Das Bündnis adressiert explizit alle Kandidaten der bevorstehenden Bundestagswahl.

Das sind die Kernforderungen des Bündnisses „Wir haben es satt“:

  • Durchsetzung des Menschenrechts auf Nahrung und Entgegenwirkung der Monopolisierung einzelner Lebensmittelkonzerne weltweit.

  • Gesetze gegen Bodenspekulation und Landgrabbing durch außerlandwirtschaftliche Investoren und eine gemeinwohlorientierte Verpachtung.

  • Mehr Klimaschutz durch eine wirksame Reduktion sehr großer Tierbestände und eine verursachergerechte Düngerpolitik und eine angemessene Entlohnung für klimagerecht wirtschaftende Betriebe.

  • Schaffung einer finanziellen Grundlage für den Umbau der Tierhaltung und Förderung einer flächengebundenen und bäuerlichen Tierhaltung.

  • Die Handelspolitik soll auf kleinbäuerlichen Betrieben gerecht gestaltet werden, um faire Erzeugerpreise und eine gesunde Ernährung weltweit zu sichern.

  • Finanzielle Entlohnungen für landwirtschaftliche Betriebe für den Umwelt- und Artenschutz als gesellschaftliche Leistung und Stärkung von regionalen Wertschöpfungsketten.

  • Mehr Fokus auf den Biodiversitätsverlust und auf die langfristige Reduktion von Pestiziden.

  • Gentechnikkonzerne sollen durch strikte Regulierung der neuen Gentechniken „in die Schranken gewiesen werden“.

  • Die künftige Agrarpolitik soll viel stärker als jetzt entlang ökologischer Prinzipien weiterentwickelt werden, um den Ökolandbau in Kombination ihrer solidarischen Landwirtschaften wirksamer fördern.

„Die Regierung soll endlich Gemeinwohlinteressen vor Konzerninteressen stellen“

Das Bündnis spricht sich für eine Abkehr von einer Politik aus, die sich rein auf Wachstumsinteressen und großräumige Strukturen fokussiert. Landwirtinnen und Landwirte seien dem Motto „wachse oder weiche“ ausgeliefert“, sagte Anne Skambraks, die die Kampagnenleitung des „Wir haben es satt!“-Bündnisses inne hat.

Wachse oder weiche.
Anne Skambraks

Es sollten Gemeinwohl- vor Konzerninteressen durchgesetzt werden, betonte Skambraks Landwirte kämpfen derzeit um eine faire Teilhabe am Markt und der Preisgestaltung, fasst Skambraks zum Ende der Pressekonferenz zusammen. Martin Kaiser, Geschäftsführender Vorstand von Greenpeace Deutschland, forderte eine einkommenswirksame Förderungen ökologischer Leistungen für Landwirte.

Mercosur: „Wir brauchen keinen weltweiten Markt für Grundnahrungsmittel“

Anfang Dezember haben sich die EU und die südamerikanischen Mercosur-Staaten  sich auf ein Freihandelsabkommen geeinigt. Das Bündnis sieht darin eine starke Gefährdung der heimischen Landwirtschaft. Zu den Gewinnern zählen für das Bündnis große Lebensmittelkonzerne, die den Markt kontrollieren könnten. Außerdem fürchtet das Bündnis, dass das Mercosur-Abkommen den zollfreien Export von in der EU verbotenen Pflanzenschutzmitteln begünstigt.“.

Lilli Haulle, Landwirtin aus Ostbrandenburg, Haulle sprach sich gegen das Abkommen aus.

Ich bin gegen dieses Abkommen. Und dabei geht es nicht um Protektionismus, es geht um einen gesunden Menschenverstand.
Lilli Haulle

Es brauche keinen weltweiten Markt für Grundnahrungsmittel, die auch vor Ort produziert werden könnten, erklärte Haulle. Der Aufruf des Bündnisses richtet sich an die noch ausstehende Abstimmung im EU-Rat und an die künftige Bundesregierung, die „die Stimmen der Betroffenen hören muss und nicht über sie hinweggegen darf“, hieß es.

Höfesterben, Fairness am Bodenmarkt und langfristige Perspektiven für Junglandwirte

Landwirtin Lilli Haulle beklagt den Rückgang aktiver Betriebe in Deutschland: Jeden Tag gäben acht Betriebe in Deutschland auf, das seien 3.000 pro Jahr. Das läge laut Haulle vor allem an den politisch und wirtschaftlich unstabilen Bedingungen, der Inflation und dem schweren Zugang zu Land. Auch für Junglandwirte und Quereinsteiger sei der erschwerte Zugang zu Ackerland, als Grundlage der Nahrungsmittelerzeugung, ein massives Problem bei der Neugründung.

Ein Lösungsansatz in der Bodenpolitik ist für das Bündnis die Einführung einer progressiven Grunderwerbssteuer, bei dem Junglandwirte mit wenig oder keinem Land beim Kauf von der Grunderwerbssteuer befreit werden.

„Ohne junge Menschen wird das Höfesterben nur noch dramatischer – wir bringen Zukunft in die Ländlichkeit.“, fasste Haulle zusammen. Auch dafür müsse der ländliche Raum infrastrukturell weiter gestärkt werden.

„Ohne junge Menschen wird das Höfesterben nur noch dramatischer – wir bringen Zukunft in die Ländlichkeit.“, fasste Haulle zusammen. Auch dafür müsse der ländliche Raum infrastrukturell weiter gestärkt werden.

Tierwohl, Klima- und Wasserschutz: hohe Qualität trotz Bürokratieumbruch

Das _Bündnis bleibt bei seiner langjährigen Forderung einer Reduktion sehr großer Tierbestände. Zudem spricht es sich dafür aus, dass ein Umbau der Stallanlagen für mehr Tierwohl, aus Mitteln des Bundeshaushaltes finanziert werden müsse. „Die Betriebe müssen mehr an die Hand genommen werden“,  sagte Kaiser.

Im Zuge der Tierhaltungsforderungen wurde auch auf den Umwelt- und Wasserschutz aufmerksam gemacht. Auch hier sieht das Bündnis Vorteile in einem Weggang von sehr großen Tierbeständen, auch zur Stärkung kleinbäuerlicher Strukturen und gegen eine Monopolisierung weniger Akteure.

Auch der Bürokratieabbau spiele hier eine Entscheidende Rolle. Kaiser hebte hervor, dass die Umstrukturierung zu weniger Bürokratie nicht als Vorwand zu verstehen sei, um die Qualität im Boden-, Klima- oder Wasserschutz herabzustufen.

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