Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im "Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben".
Die Leidenschaft für Landwirtschaft verbindet viele Frauen, die auf den Höfen wirken. Hoferbinnen und Partnerinnen von Landwirten bringen die landwirtschaftlichen Betriebe nach vorn. Doch (noch) immer ist die Agrarbranche männlich geprägt. Der Anteil an Betriebsleiterinnen ist mit 11 % vergleichsweise niedrig. Bei den Auszubildenden waren im Jahr 2023 deutschlandweit etwa 22 % weiblich, das ist jeder fünfte.
Häufig wird noch an der Tradition festgehalten, dass ein Sohn den Betrieb übernimmt. Bleibt da nicht viel Potenzial auf der Strecke?
Frauen treten als Innovatorinnen auf
Kürzlich hatte die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) erstmals Frauen aus dem Landwirtschaftssektor zu einem Netzwerktreffen nach Münster eingeladen. Unter den 150 Teilnehmerinnen waren viele Hofnachfolgerinnen aus ganz Deutschland. Ihre Ausstrahlung zeigte, sie haben Lust auf Landwirtschaft und sie bestehen selbstbewusst in der Agrarbranche. Die jungen Unternehmerinnen hatten innovative Themen im Gepäck, berichteten aber auch von Herausforderungen.
Wie durchsetzen gegenüber Männern?
Für den Prozess der Hofnachfolge oder bei Konflikten, die auftreten, ziehen Frauen eher als Männer eine externe Beratung hinzu. Denn ein neutraler Profi hilft, dass alle Familienmitglieder mit ihren Anliegen zu Wort kommen.
Die Unternehmerinnen setzen sich mit Kommunikationsmethoden auseinander, um beruflich in der Männerwelt erfolgreich zu sein. Deshalb muss mitunter der Senior seinen Schreibtisch räumen, damit die Geschäftspartner wissen, dass es jetzt eine Chefin gibt. Außerdem sind die Landwirtinnen interessiert an einem Netzwerk aus Gleichgesinnten, um sich gegenseitig zu unterstützen.
Frauen müssen sich mehr behaupten
Und trotzdem: Die Rolle von Frauen als Leiterin landwirtschaftlicher Betriebe ist noch nicht richtig in der Gesellschaft angekommen. „Die Akzeptanz ist eher oberflächlich. Den Respekt müssen sich Frauen erst erarbeiten, indem sie bei Schwierigkeiten bestehen“, brachte es eine Betriebsleiterin auf den Punkt. Manche Hofnachfolgerinnen fühlen sich nicht ernst genommen oder sie haben den Eindruck, dass sie sich vehementer durchsetzen müssen als männliche Berufskollegen.
Klassische Rollenverteilung aufbrechen
Eine Phase an der Belastungsgrenze bleibt für Hofnachfolgerinnen die Familiengründung. Während Schwangerschaft, Mutterschutz und darüber hinaus brauchen sie Unterstützung. Dann sind Betriebshelfer und ein stabiles Netzwerk, das unkompliziert mit ins Rad packt, hilfreich.
Entscheidend ist, dass beide Elternteile die Verantwortung für Kind und Haushalt wahrnehmen und auch vor ungewohnten Rollenverteilungen nicht zurückschrecken. Im Stall und auf dem Hof sind Innovationen stets willkommen, warum nicht auch im Privaten?
Natürlich ist jede Familie anders und die Absprache unter den Partnern unterschiedlich. Doch in der Landwirtschaft, wo Beruf und Familie so eng verwoben sind, ist es besonders wichtig, dass jeder und jede sich mit seinen Bedürfnissen gesehen fühlt und diese auch verwirklichen kann. Nur dann steht dem betrieblichen Erfolg und der Zufriedenheit im Privaten nichts im Weg.